Corona, wir singen dir was!

Das Jahr 2020 wird wohl allen Chorsänger*innen in Erinnerung bleiben…

Am 11. März 2020 fand unsere letzte reguläre Chorprobe in diesem Jahr statt. Dann kam Corona und nichts war mehr so, wie es die vergangenen 29 Jahre gewesen ist.  Gemeinsames Singen war nicht mehr möglich und so trafen wir uns jeden Mittwoch ausschließlich online. Unser Chorleiter Matthias dachte sich dabei immer feine Sachen für uns aus, von Klatschübungen bis Gehörbildung war alles dabei. Außerdem erfreuten wir uns an den Einblicken in die Wohnzimmer unserer Mitsänger*innen, an den neugierigen Familienmitgliedern und den kreativen Probendrinks. Jedoch fehlten uns die Harmonien, die Umarmungen, die Gespräche, die Nähe. Ein Dauerzustand soll das nicht sein, da waren wir uns schnell einig. 

Sobald es die ersten Lockerungen zuließen, verlagerten wir unsere Proben vom Internet in die Natur. Wir waren ziemlich privilegiert, über unseren Bass Carsten eine fantastische Outdoorprobenvariante nutzen zu können. Und auch wenn es noch immer ganz anders lief als die vielen Jahre zuvor, waren wir überglücklich, uns endlich wieder zu sehen, zu hören und gemeinsam und vor allem gleichzeitig zu singen. Daraus entwickelte sich dann auch schnell der Wunsch,  dieses Glück mit anderen zu teilen und die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um wieder auf die Bühne zu gehen. Zugegebenermaßen wurde dieser Gedanke zunächst kontrovers diskutiert. Es gab vor allem Bedenken hinsichtlich des zusätzlichen Aufwands, den es erfordert, ein Chorkonzert auf die Bühne zu bringen, bei dem alle Vorgaben beachtet werden. In vielen Gesprächen und im Austausch mit dem ganzen Chor werteten wir alle Möglichkeiten und Chancen der Umsetzung aus und entschieden uns dafür, dieses Konzert auf die Beine zu stellen! Matthias hatte mit seiner positiven, optimistischen und überzeugenden Art den Motor angeschmissen und uns Mut gemacht, diese Chance zu nutzen. Und so sahen wir uns plötzlich nicht nur mitten in einer Pandemie, sondern auch mitten in der Konzertvorbereitung. Herzlichst unterstützt und bestärkt wurden wir dabei von dem WABE-Team. Marc und seine Crew sorgten dafür, dass unser jahrelanges „Chorwohnzimmer“ coronatauglich unseren Bedürfnissen angepasst wird. Und das war schon eine Herausforderung…

Doch wie sah nun konkret ein coronakonformes Chorkonzert aus? 

Zunächst mussten wir uns mit dem Gedanken anfreunden, dass wir nicht wie sonst alle gemeinsam auf einer Bühne stehen können. Die Bühne der WABE bot bei Einhaltung der Abstandsvorgaben Platz für 8 Personen. Das ist doch schon mal was, damit kann man arbeiten. Matthias teilte uns also kurzerhand in Ensembles ein: Team Micha und Team Carsten benannt nach unseren zwei Tieftönern.

Bei unserem überwiegend mindestens sechsstimmigen Repertoire bedeutete das nun, dass Melodien zu Soli werden und man auf die sonst ab und an schon sehr geschätzte Unterstützung der eigenen Stimmgruppe verzichten muss. Jeder ist nun zu hören, jeder muss Verantwortung übernehmen. 

Dann mussten wir natürlich unser bisheriges Technikkonzept überarbeiten. Bis dahin hatten sich jeweils zwei Sänger*innen ein Mikrofon geteilt. Das fiel als Option natürlich komplett aus, also bekam jede*r Sänger*in des Ensembles ein eigenes Mikro. Das fühlte sich zunächst ungewohnt an, wurde aber von Probe zu Probe vertrauter! Ich glaube, am Ende hatten sogar alle Beteiligten einen Riesenspaß und genossen die vielen Vorzüge des einzelmikrofonierten Singens.

Um dann einzelnen Liedern noch mehr Wumms zu geben, wurde das Konzept noch mal erweitert: das Bühnenensemble wurde von zwei weiteren, außerhalb der WABE stehenden Ensembles unterstützt. 18 Sänger mit 18 Mikrofonen, teils auf der Bühne, teils rechts, teils links hinter den großen offenen Flügeltüren der WABE, zusammengehalten von drei Monitorsystemen und einem mitten im Raum stehenden angestrahlten und selbst strahlenden Matthias.

Und um ihn herum ein Publikum, das zwar mengenmäßig stark reduziert war, dem man aber die angestaute Lust nach Kultur so sehr angemerken konnte.  Dieses Konzert hat bewegt  es hat uns bewegt und jede*n im Saal. Es hat uns Gänsehaut und Glück bereitet, wie wir es vielleicht schon eine ganze Weile nicht mehr auf der Bühne erlebt haben. Es hat uns gezeigt, was wir vermisst haben und nicht mehr vermissen wollen! 

2020 © J*ZZV*C*LS