30 Jahre JazzVocals (+1) – The Sound Of Stories

Ein Bericht von Claudi.

Da waren sie endlich. Die zwei Tage!

Zwei Tage. Zwei Konzerte. Zweimal Soundcheck. Zweimal Einsingen. Zweimal Pause.

Und zwei Striche auf dem Coronatest. Das nenn‘ ich mal Timing.

So fiel also das Konzertwochenende für mich flach. Aus der Ferne war ich aber dabei – per Sprachnachricht, Video, mit Fotos und lieben, aufmunternden Nachrichten.

Und so bekam ich auch mit, wie die Vocals dieses Hammer-Wochenende gewuppt haben.

Nach monatelangem Planen, Proben, Schreiben von Förderanträgen, Online-Meetings, Absprachen usw. stand ja eigentlich nur noch das Singen auf der Agenda. Aber wie das mit Konzert-Locations und Technik-Gedöns manchmal so ist, kommt es dann doch anders als geplant.

Während im Foyer von den Vocals fleißig die Ausstellung aufgebaut und vorbereitet wurde, hatten unsere Techies im Konzertsaal allerhand zu tun.

@Micha, was war das größte Problem an der technischen Umsetzung am Samstag? Musstet ihr am Ende noch eine Ersatzlösung herzaubern?

Neben wenigen in der Hand gehaltenen Mikrofonen für Solisten, Beatbox und tiefe Bässe sollte der Chor vorrangig durch von der Decke hängende Mikrofone abgenommen werden. Mit einer im voll ausgezogenen Zustand erstaunlich wackeligen Leiter mussten wir daher erstmal Kabel unter der Bühnendecke auf 10 Meter Höhe verlegen. Anschließend wurden die Mikrofone am Bühnenverteiler angeschlossen. 

Nach Anschluss aller Mikrofone überprüft man in einem Linecheck schnell, ob auch alles in der richtigen Reihenfolge angeschlossen ist – und alle Kanäle störungsfrei sind. Manchmal muss man dann wegen einer Störung noch einen Kanal zwischen Mischpult und Bühnenverteiler wechseln – aber bei einem digitalen Pult hat man solche Störungen auf einzelnen Kanälen nicht mehr – da geht alles oder nichts.
Heute: Nichts. Kein Signal. Umstecken der Kabel, Neustart der Geräte, Anpassung von Einstellungen an den Geräten, Telefonate mit befreundeten Tontechniker-Kollegen und mit dem Haustechniker (der sich unglücklicherweise auf der anderen Seite der Erde aufhält). Keine Verbesserung. Im Laufe von 2 Stunden wird aus anfänglicher Verwirrung zunehmend Unbehagen.

Den Chor, der pünktlich zum Soundcheck erschienen war, mussten wir schon mehrfach wegschicken, als endlich die Entscheidung fällt, keinen weiteren Entstörungsversuch zu unternehmen und zu Plan B überzugehen. Nicht viel mehr als eine Stunde vor Konzertbeginn fangen wir an, ein neues Technikkonzept zu erdenken und herzustellen. Der Aufbau einer eigenen Beschallungsanlage ist uns möglich, da Marcus die Lautsprecher „nur für alle Fälle…ist bestimmt Quatsch“ eingepackt hat. Ein Ersatz-Mischpult finden wir Haus und bauen es dicht neben der Bühne auf. Die Kabel sämtlicher Mikrofone müssen nun zu diesem Mischpult neu verlegt werden – und bereits auf dieser vergleichsweise kurzen Strecke müssen dazu viele Kabel verlängert werden. Da das Not-Mischpult mit ca. 10 Kanälen aber viel zu klein für unser ursprüngliches Technikkonzept ist, müssen wir auf viele Kanäle verzichten und richten uns auf ein vorrangig akustisches Konzert mit der Beimischung dringend notwendiger, einzelner Mikrofone ein.

Puh… nagut. Dann gab es da wohl mehr als nur ein Problemchen…
Aber: Der Soundcheck konnte stattfinden und nun war auch nicht mehr viel Zeit bis zum ersten Ton.

@Matthias, wie hast du dich am Tag des ersten Konzerts gefühlt?

Freudig und bewegt fühlte ich mich. Eine sehr intensive Zeit der Vorbereitung und Umsetzung eines großen, vielschichtigen Projektes sollte hier seinen Höhepunkt finden. Konzertplanungen, Dramaturgie, Proben und eine komplette Audio- und Videoproduktion über drei Kontinente flossen hier zu einem großen Gesamtbild ineinander.

Gab es Umstände, die dir Sorge bereitet haben?

Es ist schlicht nicht möglich, dass bei solch einem Großprojekt alles nach Plan läuft. Aber darin liegt auch ein gewisser Reiz der Improvisation. Als klar war, dass das erste Konzert trotz hervorragender Planung unseres Technik-Teams wegen der Umstände vor Ort nicht wie geplant umzusetzen ging, war die Entscheidung für ein rein akustisches Konzert schnell getroffen. Diesen kurzfristig notwendigen Schritt mutig mitzutragen und dann einfach ein tolles Konzert zu singen, dafür bin ich sehr dankbar und stolz auf die JazzVocals. Am Ende des Wochenendes hatten wir so zwei sehr unterschiedliche Konzerte, spannende Erlebnisse und in jedem Konzert ein glückliches und beseeltes Publikum.

Deine letzten Gedanken vor dem ersten Ton in drei Worten?

…zwo-drei-vier!

Dank Marcus‘ unermüdlicher Zauberkraft konnten wir Corona-Couch-Potatoes sogar per Livestream dabei sein! Es tat weh, alles aus der Ferne zu verfolgen… aber es war gleichzeitig so schön, alle zu sehen und mitzufiebern!

Spontan wurden noch Soli neu vergeben und Moderationen umgeworfen und dann lief da ein fabelhaftes, gebührendes 30-Jahre-JazzVocals-Konzert!

@Jens, wie war der erste Moment, der erste Ton auf der Bühne?

Jens:
Das erste Lied war “Night Yoik” und wir liefen in beiden Konzerten bereits mit Tönen auf den Lippen auf die Bühne. Night Yoik schafft immer eine ganz besondere, magische Atmosphäre, und zudem war es im Publikum sehr dunkel, so dass das ein sehr passender Start ins Konzert war. Ich glaube, wir waren sehr konzentriert und sehr gut vorbereitet und eingespielt, so dass bei mir gleich jegliche Aufregung weg war und die Freude, endlich das lange geplante Konzert singen zu können.

@Judith, Anselm, Katrin: Gab es einen Highlight-Moment?

Judith:
Klar: Videopremiere, Singen mit Susanne und den „ReVocals“, die Geschichten aus dem Nähkästchen. (Tines Geschichte zu Night Yoik ging mir sehr ans Herz.) Die Einspielung eures Couch-Videos. 

Das spontane Einspringen von Tanja als Lichtexpertin: „Ich kam eigentlich nur mit, um gute Stimmung zu verbreiten. Na gut, dann drück ich mal alle Knöpfe und schiebe alle Regler und versuche mir zu merken, was dann passiert.“ 

Die Technik Crew (Marco, Marcus, Micha, Matthias…. hm. Die M&Ms?), die trotz Totalausfall Stimmung und Nerven bewahrt haben. Matthias, der kurzerhand einen neuen Plan aufstellt und uns das Gefühl gibt, alles wär‘ gut so.

Die Ausstellung, unser neues Roll-up-Banner, der schöne Saal.

Anselm:
Für mich gab es viele Highlights. Alleine, dass wir trotz spontaner Anpassung vor und während des Konzerts so ein tolles Konzert gesungen haben, war ein Highlight für mich.
Müsste ich mich entscheiden, wäre es, dass so viele Zuhörer:innen das Konzert besucht haben und so die enorme Arbeit von allen honoriert haben.

Katrin:
Singen mit den ReVocals war für mich sehr besonders, da mich der Chor ja schon ein paar Jahre begleitet  – hatte kleine Tränchen in den Augen.
Mit Anne in den alten Bildern zu kramen war auch toll – viele schöne Erinnerungen kamen hoch.

In der Pause konnten die Besucher*innen im Foyer stöbern – sich die Sänger*innen mal aus der Nähe betrachten, auf dem Nostalgie-Tisch wühlen, ins Gespräch kommen und CDs kaufen.


@Anne, ist eure Vision der Ausstellung aufgegangen? Wie war das Feedback?

Die Ausstellung hat schon beim Aufbau einen Moment kreativen Miteinanders geschaffen, den alle Beteiligten sehr genossen haben. Zahlreiche Hände trugen dazu bei, dass Lauras liebevoll vorbereitete Fotos, Song-Zitate und die gebastelten Farbelemente voll zur Geltung kamen und die Chormitglieder so dem Publikum noch einmal einzeln vorgestellt werden konnten. Das Angebot wurde gut angenommen und ich habe Einige gesehen und gehört, die sich über die Bilder und die bereitgestellten Informationen ausgetauscht haben. Wer kannte wen noch? Ach, so lange ist derjenige schon dabei?
Mit der Ausstellung wurde der Veranstaltung ein angenehm persönliches Element hinzugefügt, was den Abend und die Location auch optisch abgerundet hat.

Einer der wichtigsten Momente war natürlich die Premiere von „Up & Up“ – dem gemeinsamen Videoprojekt zwischen den JazzVocals und den Klangbezirk Taiwan Singers (KTS). In mühevoller Arbeit wurden Konzepte geschrieben, Aufnahmen gemacht, Videos gedreht und das ganze Ding geschnitten.

@Fabio, wie war es für dich, das Gesamtwerk endlich auf der großen Leinwand zu sehen?

Das Video habe ich selbst erst am Abend vor der öffentlichen Vorführung auf der großen Leinwand das erste Mal gesehen. Dass es tatsächlich so gut und sogar noch besser geworden ist, als ich in meinem Kopf die ganze Zeit vor Augen hatte, war schon ein besonderes Gefühl und hat großen Stolz in mir ausgelöst. Die ganze positive Resonanz während des Konzerts war dann noch die Kirsche auf der Torte, da auch der Chor das Video zum ersten Mal sah, und hat die ganze Zeit und Arbeit, die all die Menschen investiert haben, mehr als belohnt!

Es könnte noch ewig so weitererzählt werden und vielleicht sitzen in wiederum dreißig Jahren noch Vocals vor dem Kamin und erzählen ihren Liebsten von diesem Wahnsinnswochenende zur 30+1-Jahre-JazzVocals-Sause!

Auch wenn zwischendurch die Anspannung riesig war und immer mal jemand zurückgehen musste, um die auf dem Weg verlorenen Nerven wieder einzusammeln – es hat sich gelohnt!

Wir bedanken uns bei allen Unterstützenden, Helferlein und Möglichmachenden und freuen uns auf die nächsten 30! Cheers!

2020 © J*ZZV*C*LS