Wings & Roots – Ein interkulturelles Wochenende

Eine unserer Lieblingsbeschäftigungen ist es, andere tolle Chöre kennenzulernen – über alle Grenzen hinweg. Da es bis zu unserer nächsten Auslandsreise noch ein paar Monate dauert, haben wir uns kurzerhand einfach einen Chor nach Berlin eingeladen, und zwar das Vocal Ensemble Fortissimo, einen Spitzenchor aus Bulgarien! Um den beeindruckend talentierten Schüler:innen und Student:innen aus Burgas am Schwarzen Meer einen gebührenden Rahmen für ihre Präsentation zu geben, haben wir ein Triple Konzert organisiert, zusammen mit dem Berliner Frauenchor Bulgarian Voices Berlin. Da wir auch mindestens ein bulgarisches Lied in unser Repertoire aufnehmen möchten, haben wir natürlich die Gelegenheit für Workshops und musikalischen Austausch genutzt und uns ein ganzes Wochenende in den Klängen des Balkanlandes gebadet.


Rebecca, die seit kurzem die Reihen unseres hohen Soprans bereichert, erzählt euch jetzt, wie sie die beiden Tage erlebt hat und auch, wie sie überhaupt zu uns fand:

Das war’s also, mein erstes Jazz Vocals Konzert.

Zwei Wochen lang habe ich täglich Lieder geübt und meiner Angst, nicht alles auswendig singen zu können, entgegengewirkt. Ich habe es nämlich tatsächlich einmal geschafft, auf der Bühne (während meines Solos wohlgemerkt) den Liedtext zu vergessen. Und das ist schon Jahre her. Wie soll ich heute, 15 Jahre und zwei Kinder später, so viele Lieder “by heart” singen?! Macht mein Hirn das überhaupt noch mit?


Aber fangen wir erstmal von vorne an.
Wir schreiben das Jahr 2015. Es ist der 21. Juni und ich habe meinen Partner überzeugt, mich zu einem Chorauftritt beim Fête de la Musique zu begleiten. Der Chor heißt Jazz Vocals und der Name und das Programm klingen, als würden sie mir gefallen. Vom Konzert selbst ist nicht viel bei mir in Erinnerung geblieben, aber als es vorbei war und alle strömten aus dem Saal auf die Straße, fing der Chor plötzlich an “Man in the Mirror” zu singen. Man konnte sehen, dass die Chormitglieder genauso viel Spaß beim Singen wie das Publikum beim Zuhören hatten. Ich wusste: Ich will mit diesen Menschen singen. Also, am nächsten Tag schrieb ich eine Email und fragte, ob sie irgendwie einen Sopran gebrauchen könnten und ob ich vorsingen dürfte. Es kam aber (für mich) leider eine Absage, da alle Plätze im Chor schon besetzt waren.
2022 stöberte ich erneut durch das Programm des Fête de la Musique und wen sehe ich da? Richtig, die Jazz Vocals. Ich konnte zum Auftritt nicht hin, aber dachte, es könnte nicht schaden, mal nachzufragen, ob sie jetzt zufällig nach einem Sopran suchten…
Und der Rest ist Geschichte. (Ich überspringe hier bewusst das ganze Vorsingeprozedere, das ziemlich hardcore war…)

Also zurück zum Konzert. Schon am Freitag konnten wir zusammen mit dem Chor “Fortissimo”, der extra aus Bulgarien für das Event angereist war, gemeinsam singen. Den Chor hatte Elena (Ella) bei YouTube entdeckt und wollte ihn unbedingt nach Berlin einladen. Nach viel Arbeit ist ihr Plan ist aufgegangen und die erste Begegnung war sehr positiv. Es sind sehr nette Sängerinnen und Sänger (nicht zu schweigen von ihrem Talent und wahnsinnigen Einsatz bei ihren Auftritten, aber da komme ich noch dazu…).

Später kam dann noch ein Chor dazu, die “Bulgarian Voices Berlin”. Am Samstag haben alle drei Chöre zusammen weiter die drei Lieder geprobt, die wir am Abend gemeinsam auf der Bühne singen sollten. Danach ging es für ein paar Stunden zusammen an den Weißensee bei wunderschönem frühlingshaften Wetter.

© Fotogruppe Nebenan
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Der Konzertabend trug den Titel “Wings and Roots”. Ich habe nicht gefragt, wie es zum Titel kam, aber ich vermute, es hat etwas mit den bulgarischen Wurzeln von Ella zu tun. Ich mag solche Sachen, die Raum für Interpretationen lassen und für jeden eine Bedeutung haben können. Kurz vor dem Auftritt am Abend war ich erstaunlich ruhig, ganz im Gegensatz zu den vergangenen zwei Wochen. Der Zuspruch von den anderen Chormitgliedern war super schön und ich fühlte mich wohl.
Auf der Bühne zu stehen, war toll. Es hat Spaß gemacht und ich habe vielleicht nur ab und zu einen kleinen Einsatz fast verpasst – aber shhh… nicht weitererzählen.

© Fotogruppe Nebenan
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Danach betraten die Bulgarian Voices die Bühne. Was für ein Ohrenschmaus! Die Lieder und überhaupt die Art von Singen kannte ich bisher nicht. Der Auftritt war sehr unterhaltsam und man konnte fühlen, worum es in den Liedern ging, auch ohne ein Wort Bulgarisch verstehen zu können.

© Fotogruppe Nebenan
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Danach folgte Fortissimo. Eigentlich gibt es nur ein Wort, das mein Gefühl bei diesem Auftritt beschreibt: Wow. Der Chor beeindruckte mit fantastischen Stimmen und einer musikalischen und choreografischen Präzision, die ich so noch nie auf einer Bühne erlebt habe. Zunächst sang der Chor bulgarische Lieder und überraschte dann das Publikum mit Songs von Gershwin und Queen.

© Fotogruppe Nebenan
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Zwischendurch sangen wir alle auch die drei gemeinsam einstudierten Lieder: zwei bulgarische Stücke und auch ein deutsches Volkslied. Es war insgesamt ein tolles Erlebnis für uns alle.
Und nun steht schon das nächste Konzert an. Ich bin hier richtig angekommen, acht Jahre nachdem ich den Chor zuerst entdeckt habe. “Willkommen bei den Jazz Vocals”, hieß es nach meinem erfolgreichen Vorsingen. Ein Satz, den ich dachte, niemals zu hören. Schön!

Das Projekt wurde gefördert durch den BMCO und NEUSTART AMATEURMUSIK.

2020 © J*ZZV*C*LS